Hiroyuki Masuyama

17.6.–26.8.2018

1818 | 2018

200 Jahre Hochzeitsreise – Caspar David Friedrich

Caspar David Friedrichs Bild „Kreidefelsen auf Rügen“ ist politisch und radikal. Es zeigt den Eigensinn der Natur und markiert den Beginn einer Bewegung, diese zu schützen. Das Gemälde formuliert bis heute die Sehnsucht des Menschen, die Entfremdung zur Natur zu überbrücken. Doch was wir sehen, ist das Scheitern der Vereinigung. Die Protagonisten dieses Bildes schauen in die Tiefe, wie in den Abgrund der eigenen Verzweiflung. Sie setzen sich der Gefahr des Absturzes aus und bleiben doch als Gruppe außen vor. 

Auf sensible Weise nähert sich der japanische Künstler Hiroyuki Masuyama diesem Werk, das er verehrt und dem er nahe sein möchte. Er fertigt digitale Fotocollagen der berühmten Gemälde an. Doch nicht, um ein verlorenes Idyll zu rekonstruieren, sondern um zu zeigen, wie sensibel und gefährdet dieses ist. Die digitale Praxis benötigt hunderte von Aufnahmen und langwierige technisch-künstlerische Prozesse, wozu Caspar David Friedrich einige Naturskizzen und ein paar Stunden im Atelier eingesetzt hat. Im Ergebnis entstehen nachempfundene Bilder, die aus viel Arbeit und intensiver Hinwendung – aber ansonsten nur aus Pixeln und Licht bestehen.

Was die künstlerische Arbeit von Hiroyuki Masuyama ausmacht, ist die Gleichzeitigkeit von romantischer Hinwendung und Dekonstruktion zu seinem Objekt der Begierde. Seine konzeptuelle Strategie ist doch von der Begeisterung für das Handwerk und die Schönheit der Vorlagen getragen. Diese „Erfahrung aus zweiter Hand“ mag für den westlichen Blick als Kitsch erscheinen, doch die authentische Begeisterung Masuyamas und sein Gespür für den Verlust weisen jede Vereinnahmung zurück.

Jahrzehntelang waren Friedrichs Bilder ungesehen, erst in den 1980er Jahren wurde ihre Modernität erkannt, bis heute inspiriert die norddeutsche Frühromantik Künstlerinnen und Künstler weltweit. Nun erhalten Besucher der Insel Rügen 10 Wochen lang Gelegenheit, in den Kosmos des Friedrich’schen Werkes einzusteigen. Im Spiegel des empathischen Blickes, den Masuyama gleichermaßen auf die Werke wie auf die dargestellten Szenerien wirft, erleben sie den Konflikt zwischen Mensch und Natur.

Hiroyuki Masuyama wurde 1968 in Japan geboren, er hat an der Nationaluniversität der Schönen Künste und Musik in Tokio Malerei und Wandmalerei studiert. Von 1995 bis 1999 hat er seine Studien an der Kunstakademie Düsseldorf und schließlich an Kunsthochschule für Medien Köln (KHM) vertieft. Sein Werk wird von namhaften Galerien, u. a. von Sfeir-Semler und Rothamel, vertreten und wurde schon in zahlreichen institutionellen Ausstellungen auch international vorgestellt, in 2018 u. a.  im Kunstmuseum Heidenheim und im Angermuseum Erfurt.

Die Ausstellung findet im Rahmen der Aktivitäten zum 200-jährigen Jubiläum der Hochzeitsreise von Caspar David Friedrich statt. 1818 hat dieser in Dresden seine Caroline geheiratet und ist mit ihr in seine vorpommersche Heimat gereist. Hier fertigte er zahlreiche Skizzen an, aus denen im Atelier weltberühmte Gemälde, wie „Kreidefelsen auf Rügen“ und „Mondaufgang am Meer“ entstanden. Masuyama hat diese Inspirationsorte zu gleicher Jahreszeit aufgesucht, hat hunderte von Fotografien angefertigt und daraus – in der Arbeitsweise ähnlich wie Friedrich – im Atelier seine Lichtkästen im Originalformat der Vorlage angefertigt.

Die Galerie CIRCUS EINS zeigt eine umfassende Schau mit 20 Werken Masuyamas, die in der Auseinandersetzung mit Friedrichs Gemälden entstanden sind. Darunter ist auch seine Interpretation des verschollenen Gemäldes „Landschaft mit Regenbogen“. Fotomontagen zu den Gemälden „Mondaufgang über dem Meer“ und „Auf dem Segler“ sind erstmalig zu sehen.

Weitere Standorte der dreiteiligen Schau sind das Nationalpark-Zentrum KÖNIGSSTUHL und das pommersche Landesmuseums Greifwald, die jeweil ein Werk des Künstlers präsentieren. Am Königsstuhl wird Masuyamas Verarbeitung des Gemäldes „Kreidefelsen auf Rügen“ am Ursprungsort der malerischen Idee präsentiert. Im Pommerschen Landesmuseum begegnen sich Friedrichs Originalaquarell „Greifswalder Markt“ und seine zeitgenössische Interpretation, an der Greifswalder Bürger beteiligt waren.

Das Jubiläum zu 200 Jahre Hochzeitsreise – Caspar David Friedrich wird vom Tourismusverband Vorpommern organsiert, der auch das Netzwerk „natürlich romantisch“ betreut. Die Veranstaltungen zum Jubiläum werden durch den Vorpommern-Fonds des Parlamentarischen Staatssekretärs Patrick Dahlemann gefördert.

Zur Eröffnung am 16.6.2018 um 17 Uhr spricht der Kunsthistoriker Michael Freitag, Direktor Lyonel-Feininger-Galerie Museum für grafische Künste, Quedlinburg. 

Eröffnungsrede von Michael Freitag, Direktor Lyonel-Feininger-Galerie Museum für grafische Künste, Quedlinburg

Weitere Informationen zum Jubiläum